Indikationen zur Händedesinfektion

Terminologie und Konzept

Das WHO-Modell der 5 Indikationen der Händedesinfektion wurde ursprünglich für den stationären Krankenhausbereich entwickelt. Es beruht auf Erkenntnissen, wie Erreger im Krankenhaus übertragen werden.

Die Indikationen zur Händedesinfektion für Alten- und Pflegeheime wurden von internationalen Experten intensiv diskutiert. So hat die Aktion Saubere Hände gemeinsam mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Anpassung des WHO-Modells für die Alten- und Pflegeheime vorgenommen.

Dieses Modell ist in allen Bereichen des Gesundheitswesens anwendbar und eine sinnvolle Hilfestellung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um Situationen sicher zu erkennen. Es geht inhaltlich konform mit den Richtlinien zur Händedesinfektion des Robert-Koch-Institutes.

Die Indikationen

Als Indikation wird die Situation definiert, in der eine Händedesinfektion notwendig wird. Dies erklärt sich aus dem Risiko einer Übertragung von pathogenen Erregern. Durch die Händedesinfektion wird eine Übertragung effektiv unterbunden.

Die Indikation wird zeitlich formuliert als VOR und NACH Kontakt, was jedoch nicht notwendigerweise als Beginn und Ende einer pflegerischen Aktivität zu sehen ist. Sie sind definiert als Bewegungen zwischen verschiedenen Bereichen, zum Beispiel direkte und erweiterte Patientenumgebung oder kolonisierte und nicht kolonisierte Körperbereiche.

Die Indikationen für eine Händedesinfektion korrespondieren mit klar definierten Situationen aus dem Alltag der Bewohnerversorgung.

 

Die 5 Indikationen der Händedesinfektion

VOR Bewohnerkontakt

Warum

Um den Bewohnerinnen und Bewohnern vor einer Kolonisation mit Erregern, welche die Hand der Mitarbeitenden temporär besiedeln, zu schützen.

WHO Empfehlung

  • VOR direktem Bewohnerkontakt, im Sinne eines direkten Körperkontaktes (Kategorie IB)*
VOR aseptischen Tätigkeiten

Warum

Um den Bewohnerinnen und Bewohnern vor dem Eintrag von potentiell pathogenen Erregern, inklusive seiner eigenen Standortflora, in sterile/nicht kolonisierte Körperbereiche zu schützen.

WHO-Empfehlung

  • VOR Konnektion / Diskonnektion eines invasiven Devices unabhängig vom Gebrauch von Handschuhen (Kategorie IB)*
  • Wechsel zwischen kolonisierten/ kontaminierten und sauberen Körperbereichen während der Bewohnerversorgung (Kategorie IB)*
  • zum Beispiel subcutan Injektionen, Verabreichen von Augentropfen, Versorgung PEG-Sonde, Verbandswechsel etc.
NACH Kontakt mit potentiell infektiösen Materialien

Warum

Zum Schutz des Personals und der erweiterten Bewohnerumgebung vor potentiell pathogenen Erregern sowie zum Schutz nachfolgender Bewohnerinnen und Bewohner.

WHO-Empfehlung

  • NACH Kontakt mit Körperflüssigkeiten und Exkreten, Schleimhäuten, nicht intakter Haut oder Wundverbänden (Kategorie IA)*
  • Wechsel zwischen kolonisierten/ kontaminierten und sauberen Körperbereichen während der Bewohnerversorgung (Kategorie IB)*
  • NACH dem Ausziehen der Handschuhe (Kategorie IB)*
NACH Bewohnerkontakt

Warum

Zum Schutz des Personals und der erweiterten Bewohnerumgebung vor potentiell pathogenen Erregern sowie zum Schutz nachfolgender Bewohnerinnen und Bewohner.

WHO-Empfehlung

  • NACH direktem Bewohnerkontakt, im Sinne eines direkten Körperkontaktes (Kategorie IB)*
  • NACH dem Ausziehen der Handschuhe (Kategorie IB)*
  • insbesondere bei mobilen Bewohnern mit bekannter oder vermuteter Besiedlung oder Infektion mit MRSA oder anderen multiresistenten Erregern
NACH Kontakt mit der unmittelbaren Umgebung

Warum

Zum Schutz des Personals und der erweiterten Bewohnerumgebung vor potentiell pathogenen Erregern und zum Schutz nachfolgender Bewohnerinnen und Bewohner.

WHO-Empfehlung

  • NACH Kontakt mit Oberflächen und medizinischen Geräten in unmittelbarer Umgebung der Bewohnenden  (Kategorie IB)*
  • NACH dem Ausziehen der Handschuhe (Kategorie IB)*
Immobile Bewohnerinnen und Bewohner

Die Indikationen für eine Händedesinfektion korrespondieren mit klar definierten Situationen aus dem Alltag der Bewohnerversorgung. Bei immobilen Bewohnerinnen oder Bewohnern wurde von der WHO ein Modell geschaffen, welches in der Formulierung von 5 Indikationsgruppen mündete.

  1. VOR Bewohnerkontakt
  2. VOR aseptischen Tätigkeiten
  3. NACH Kontakt mit potentiell infektiösem Material
  4. NACH Bewohnerkontakt
  5. NACH Kontakt mit der direkten Bewohnerumgebung
Mobile Bewohnerinnen und Bewohner

In den Bereichen, in denen mobile und weitgehend selbständige Bewohnende betreut werden, gelten vier Indikationen zur Händedesinfektion, da sich die Bewohnenden in mehreren, zum Teil gemeinschaftlich genutzten Bereichen bewegen.

  1. VOR Bewohnerkontakt
  2. VOR aseptischen Tätigkeiten
  3. NACH Kontakt mit potentiell infektiösem Material
  4. NACH Bewohnerkontakt
Direkte und erweiterte Bewohnerumgebung

Als direkte Bewohnerumgebung werden folgende Bereiche definiert:

  • Bewohnerzimmer,  wenn es sich um ein Mehrbettzimmer handelt: Das Bewohnerbett mit dazugehörigem Nachttisch und die darin befindlichen persönlichen Gegenstände sowie alle den Bewohnenden zugeordneten Devices.
  • Bewohnerzimmer,  wenn es sich um ein Einzelzimmer handelt: Das gesamte Zimmer wird als direkte Bewohnerumgebung definiert
    Alle darüberhinausgehenden Bereiche des Bewohnerzimmers werden als erweiterte Bewohnerumgebung definiert, wenn es sich um Mehrbettzimmer handelt sowie Gemeinschafträume, allgemeine Bereiche und Flure.

Beispiele für die direkte und erweiterte Bewohnerumgebung sind:

  • Im Mehrbettzimmer: Die Altenpflegerin hat bei Bewohner A die Grundpflege durchgeführt. Da dieser sich im Sessel rasieren möchte, wurde hier unterstützt (direkte Bewohnerumgebung). Anschließend geht die Altenpflegerin (erweiterte Bewohnerumgebung) zum Bewohner B (direkte Bewohnerumgebung), um auch da die Grundpflege durchzuführen.
  • Im Einzelzimmer: Die Altenpflegerin möchte der Bewohnerin eine Strickjacke aus dem Schrank geben, nachdem sie die Bewohnerin wieder zurück in ihr Zimmer (direkte Bewohnerumgebung) begleitet hat. Danach verlässt (erweiterte Bewohnerumgebung) die Altenpflegerin das Zimmer und geht in den Speisesaal.
Definition Bewohnerkontakt

Ein Bewohnerkontakt bezieht sich hier auf einen medizinisch/pflegerischen Kontakt, im Sinne eines umfassenden, großflächigen oder intensiven Hautkontaktes, bei dem die Intimsphäre der Bewohnerin oder des Bewohners nicht mehr gewahrt ist. Dieser entsteht zum Beispiel bei der Körperpflege, der Hilfestellung zur Körperpflege oder beim Lagern.

Die Compliance des Personals bei der Händedesinfektion
hat einen direkten Einfluss auf die
Übertragung von pathogenen Erregern
und die Entstehung
nosokomialer Infektionen.

 

Händedesinfektion ist keine Option
oder
eine Sache der Gelegenheit.

* Diese Kategorien spiegeln den Grad der Evidenz, der hinter diesen Empfehlungen steht.

Kategorie IA: Diese Empfehlung basiert auf gut konzipierten systematischen Reviews oder einzelnen hochwertigen randomisierten kontrollierten Studien.

Kategorie IB: Diese Empfehlung basiert auf klinischen oder hochwertigen epidemiologischen Studien und strengen, plausiblen und nachvollziehbaren theoretischen Ableitungen

 

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